Wildemann. Zwei Monate stand das Kehrrad im Wildemanner 19-Lachter-Stollen still, jetzt dreht es sich wieder. Nach einem längeren Hin und Her wurde die Konstruktion seit Mitte Januar saniert. Das Holz der Welle, auf der das Rad aufliegt, war beschädigt. Die Arbeiten in Höhe von rund 100.000 Euro sind abgeschlossen, nun können Besucher des Stollens das Rad wieder in Aktion sehen.
Der 19-Lachter-Stollen wird seit dem 1. Januar 2023 von der Harzer Welterbe-Stiftung betrieben. Für die bauliche Unterhaltung ist aber immer noch die Kurbetriebsgesellschaft (KBG) zuständig, wie Geschäftsführerin Bettina Beimel erläutert. Die ständige Betreuung des Kehrrades erfolge deshalb ebenfalls über die Mitarbeiter der KBG. Gleiches gelte für die Reparaturarbeiten.
Erneuerung im Jahr 2013
Wie berichtet, ist es nicht das erste Mal in den vergangenen Jahren, dass das historische Kehrrad repariert werden musste. Bereits 2013 stand eine Erneuerung an. Damals sei die historische Eichenwelle noch vorhanden gewesen, erinnert Beimel. Auf Wunsch der Denkmalpflege sollte die Welle auch weiterhin erhalten bleiben. Das neue Kehrrad wurde schließlich drumherum gebaut und Ende 2013 wieder in Betrieb genommen.
Umso ärgerlicher war es, als KBG-Mitarbeiter 2019 festgestellt haben, dass das sogenannte Hirnholz am Wellenende geschädigt sei. „Es folgte ein langer Prozess mit dem niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege“, so die Kurdirektorin. „Es wurden holzschutztechnische Voruntersuchungen durchgeführt, Stellungnahmen zum Holzschaden abgegeben sowie die Standsicherheit der Welle und damit des Rades geprüft.“ Im Juni 2023 lagen dann die Sanierungsuntersuchung und das Sanierungskonzept von Ingenieur Matthias Bock vor. Er ist Geschäftsführer der Plejades-Firma aus Freiberg und für die Betriebsaufsicht unter Tage verantwortlich. Beimel berichtet, dass die denkmalschutzrechtliche Genehmigung schließlich im Oktober 2023 vorlag. Parallel dazu wurde die Sanierung der Kehrradwelle ausgeschrieben. Den Zuschlag hat die Zimmerei Ulrich Blümner aus Bismark (Altmark) erhalten.
Die Welle sei einst rechteckig gewesen, über die Zeit habe sich aber eine Schicht abgetragen, erklärt Kurdirektorin Beimel. Die Fachfirma habe das beschädigte Holz entfernt und die Welle mit Eichenholz wieder rechteckig gemacht – damit das Rad wieder draufpasst. Mit einem Hydraulikstempel, der ähnlich wie ein großer Wagenheber ist, wurde das Rad angehoben. Es wiegt rund 21 Tonnen, hat einen Durchmesser von neun Metern und ist zwei Meter breit. In der vorigen Woche war schließlich die Bauabnahme: alles tipptopp. Ingenieur Bock sagt, dass das Kehrrad bis zur Sanierung beim Drehen ein Knackgeräusch gemacht habe. Das sei nun nicht mehr zu hören.
Unwucht im Rad
Schlecht für das Kehrrad sei es jedoch, dass es bei nur zwei Führungen täglich den Großteil der Zeit stillstehe. Experte Bock erläutert, dass es zu einer Unwucht im Rad komme, die wiederum einen Schlag auf der Welle verursache. Darum soll in diesem Jahr noch eine Lösung gefunden werden, wie das Rad regelmäßig mit Wasser beaufschlagt werden kann. Beispielsweise könnte ein Schlauch gelegt werden, durch den kontinuierlich Wasser in eine Schaufel tröpfelt. Wenn sich dort genug Wasser gesammelt hat, dreht sich das Rad regelmäßig.
Der 19-Lachter-Stollen war einst bekanntlich eine der wichtigsten Anlagen des Oberharzer Silberbergbaus. Als Wasserlösungsstollen diente er dazu, das Wasser aus höher gelegenen Gruben abzuleiten und ermöglichte so den Betrieb vieler anderer Gruben. Die Arbeiten begannen 1551, doch erst 1690 hatte der Stollen mit 8,8 Kilometer Länge sein Ziel erreicht. Rund 500 Meter des Stollens sind für Gäste heutzutage begehbar. Anschaulich erlebt der Besucher die harte Arbeitswelt der Bergleute, wenn er in den teilweise nur 1,40 Meter hohen Stollen-gang einfährt und den 263 Meter tiefen Ernst-August-Schacht überquert. 1848 wurde ein erstes Rad zur Wasserförderung angeschafft. 1886 wurde dieses durch ein neues Kehrrad ersetzt, das in zwei Richtungen laufen konnte und bis 1914 – dem Ende der Arbeiten in dem Stollen – in Betrieb war. Zum Schluss wurden sogar Menschen in den Seilkörben transportiert. Ingenieur Bock schwärmt, dass die Anlage, wie sie aktuell noch in Wildemann vorzufinden ist, wohl einmalig sei.