Die Gruben auf dem Wennsglückter Gang
Der zum "Auswendigen Grubenzug" zählende, auf Silber, Kupfer und Blei gebaute Wennsglückter Gang liegt östlich von der Bergstadt und ist auf einer streichenden Länge von rund 700 m bergmännisch untersucht worden. Die 130 ° streichende, in der Regel steil nach Nordosten einfallende Gangstörung verläuft durch den Beerberg und setzt sich, an der Einmündung des Kälbertales das Bärener Tal querend, nordwestwärts in den Gottesacker Berg fort. Die Störung selbst ist oft mehrere Meter mächtig, während die darin aufsetzenden mineralisierten Trümer nur 0,3-1 m stark sind. Der einzige, heute verfüllte, Tagesschacht auf diesem Gang (Wennsglückter Schacht) lag auf dem Zechenplatzes des heutigen Lehrbergwerks Grube Roter Bär.
Die abgebauten Erzmittel bestanden neben Quarz aus Bleiglanz, Kupferkies, Fahlerz (Tetraedrit) und lokal auch Nickel-Kobalt-Arseniden. Charakteristisch für den Gang ist eine mehr als 60 m tief reichende Oxidationszone, in der außer dem Quarz alle primären Minerale nahezu vollständig weggelöst bzw. umgewandelt wurden. Im heute zugänglichen Teil der Grube ist dieser mineralogisch interessante "eiserne Hut" gut aufgeschlossen.
Montanhistorisch stellt die 1991 mit der Aufwältigung eines versetzten Nebengesenks (Absinken 1) begonnene Erforschung dieser Grube, die sechs unterschiedlichen Betriebsperioden aus 400 Jahren aufweist, eine große Herausforderung dar.
Zur Betriebsgeschichte
Die Aufnahme des Bergbaus dürfte spätestens Mitte des 16. Jahrhundert erfolgt sein. Fast alle Abbaue oberhalb und bis 40 m unterhalb des Tagesstollen stammen vom "Alten Mann", d.h. sie wurden in der Zeit vor dem 30-jährigen Krieg angelegt. Bis 1699 wurden Strecken und Querschläge auf dem Niveau des Tagesstollens mit Schlägel und Eisen aufgefahren. Aktenkundig wurde die Zeche erst 1691, als sie unter dem neuen Namen "Treue Gesellschaft" gemutet und wieder aufgeräumt wurde. Seit 1693 dann Wennsglück(t) genannt, drang der Abbau, nach Einrichtung einer "inwendigen Pumpenkunst" (blinder Kunstschacht!) weiter in die Tiefe vor. 1705 begann das Abteufen des Tagesschachtes, der zur Förderung (mit Kehrrad seit 1714) diente und die bis dahin gebrauchten inwendigen (Hand-) Haspelschächte ersetzte. Die Energieversorgung erfolgte seit 1712 mit Oderwasser aus dem Neuen Rehberger Graben, das der Beerberger Graben herbeiführte..
Um 1720 muteten zwei weitere Zechen auf dem Wennsglückter Gang, die den Tagesschacht mit nutzten: Im westlichen Nachbarfeld der auf einem Kupfererzmittel bauende Neue Gideon (seit 1719) und im Osten der 1723 hierher verlegte Theuerdank. Letztere gewann nicht unbedeutende Mengen von kobalthaltigen Erz, das zeitweise auf dem im Sperrluttertal errichteten Blaufarbenwerk verarbeitet wurde. Aufgrund reicher Kupferabbrüche kam die damals 120 m tiefe Grube Wennsglückt 1723 für kurze Zeit in Ausbeute. Die Belegschaft umfasste 1 Steiger und 8-10 Hauer.
Eine wesentliche Erleichterung der Wasserhaltung, zu der zwei Kunsträder in Betrieb standen, trat ein, als der 1692 im Sperrluttertal angesetzte Grünhirscher Stollen 1729 mit den Wennsglückter Bauen durchschlägig wurde. Anschließend wurde die Pumpenkunst im inwendigen Kunstschacht abgeworfen. Zur Tiefe hin nachlassende Erzanbrüche und zunehmende Wasserhaltungsprobleme, verbunden mit hohen Betriebskosten führten zur Verschuldung der hier bauenden Gewerkschaften. 1751 wurde die nun 294 m tiefe Grube Wennsglückt eingestellt. Der Tagesschacht wurde bis zur Auflassung des benachbarten Theuerdanks (1756) weiter unterhalten. Anschließend soff das Grubengebäude bis zur Sohle des Grünhirscher Stollens ab. Die wirtschaftliche Bilanz dieser Periode: 135 kg Silber, 1370 Zentner Kupfer und einige hundert Zentner Blei.
Ende des 18. Jahrhunderts erfolgte eine staatlich finanzierte tiefenerkundung der Beerberger Gänge, die zur Aufrechterhaltung des in einer Krise steckenden Sankt Andreasberger Bergbaus beitragen sollte. In diesem Rahmen diente der erneut aufgewältigte Wennsglückter Schacht 1790-1812 zur Wasserhaltung der Beerberger Gruben (Tiefer Claus Friedrich, Königs Wohlfahrt), die über Wasserstrecken miteinander verbunden waren. Erst nach dem Anschluss an den Sieberstollen (1804), der eine Teufe von 170 m einbrachte, konnte der Schacht schließlich 356 m tief niedergebracht werden, um den Wennsglückter Gang im Niveau der 8. und 10. Strecke zu untersuchen. 1812 wurden diese Versuche erfolglos eingestellt und der Schacht verfüllt.
Seit 1804 betrieb der Eigenlehner Heinrich Wilhelm Lehmann auf den Eisernen Hut des Wennsglückter Ganges unter dem Namen Reicher Seegen einen bescheidenen Nachlesebau auf Brauneisenstein. 1812 wurde die Förderung eingestellt.
Erneute Eisenerz-Abbauversuche wurden 1857-1866 von der Grube Unverhofftes Glück durchgeführt. Weil der Wennsglückter Schacht mittlerweile verfüllt war, erfolgte 1864 von ehemalige Reicher Seegener Tagesstollen (heute Unverhofftes Glück, Anfahrstollen!) aus das Abteufen eines 13 m tiefen Gesenkes (Absinken 1) bis zum Reichen Seegener Oberen Bau (heute 13-m-Sohle). Die Privatisierung der Königshütte nach 1866 dürfte auch zur Stillegung der Grube Unverhofftes Glück geführt haben.
Im Zuge der von der Firma Ilseder Hütte in den 1920er Jahren durchgeführten Untersuchungsarbeiten (Siehe Grube Roter Bär) wurden auch die alten Wennsglückter Baue wieder geöffnet. Unter Nutzung von fünf alten Nebenschächten entstand 1923 eine Verbindung zur Fahrung und Wetterführung bis zum Sieberstollen in 170 m Tiefe. Das Auslängen des Sieberstollens auf dem Wennsglückter Gang bildete den Ausgangspunkt zur Auffahrung des Neuen Bärener Querschlags, der bis 1928 etwa 700 m weit nach Norden getrieben wurde. Im April 1929 begann die Ilseder Hütte wegen mangelnder Erzfunde die eingebauten Installationen zu rauben. Der Betrieb wurde 1930 stillgelegt. Das Absinken 1 wurde 1944 wiederum aufgewältigt, um auch in der inwendigen Radstube der Grube Wennsglückt einen Luftschutzraum einzurichten. Hier wie auch in der Grube Roter Bär suchten einige Andreasberger in den letzten Kriegstagen Schutz. Nach Ende des Krieges fand die Grube keine weitere Beachtung und verfiel.
Die aktuellen Arbeiten
1991 dehnte das Lehrbergwerk Grube Roter Bär seine Aktivitäten auf die Grubenbaue des Wennsglücker Ganges aus. In den Jahren 1993-95 wurde das Absinken 1 ein drittes Mal in seiner Geschichte aufgewältigt.
Der alte Wennsglückter Tagesstollen und die inwendige Radstube über dem alten Kunstschacht konnten erstmals 1994 wieder befahren werden. Ebenso wurden die Reiche Seegener Obere Bau und die alten Strossenbaue oberhalb der Tagesstollensohle wiedergefunden und erschlossen. Montangeschichtlich besonders wertvoll sind einmalig schöne Schrämarbeiten (mit Schlägel & Eisen hergestellt) im Feldort und Querschlag des Tagesstollens, die exakt rechteckige Streckenprofile zeigen und aus dem späten 16. oder frühen 17. Jahrhundert stammen dürften. Die vor Ort eingehauene Jahreszahl 1699 belegt das Ende der Sucharbeiten auf dieser Sohle. Noch vorhandene Einstriche bzw. deren Auflager sind Reste eines einst 300 m langen Wetterscheiders, mit dessen Hilfe die Hauer vor Ort mit Frischwettern versorgt wurden.
1996 erfolgte die Errichtung eines Huthauses über Absinken 1, in dem dann eine Materialtransportanlage eingebaut wurde. In den folgenden Jahren sollen Teilbereiche dieser Grubenbaue auch für Besucher zugänglich gemacht werden.